Thomas Harlan - Wandersplitter

Thomas Harlan - Wandersplitter

Edition Filmmuseum 35

Ein Sanatorium, ein Zimmer, ein Schreibtisch, Aussicht auf die Berge. Der Kamera zugewandt: Thomas Harlan, Autor und Filmemacher, Abenteurer, Nazi-Verfolger. Er spricht, denkt nach, verführt, bricht ab. Ein Film entsteht im Kopf: eine Fahrt durch Moskau, eine Begegnung mit Hitler, 'Sprache als Kathedrale', die stillschweigende Rehabilitierung von Kriegsverbrechern, angezündete Kinos und das Verhältnis zu seinem Vater, dem Jud Süß-Regisseur Veit Harlan. Die Doppel-DVD enthält den Kinofilm Thomas Harlan - Wandersplitter und 160 Minuten zusätzlicher Gespräche mit Thomas Harlan und mit Ausschnitten aus seinen Filmen.

Der Film

Thomas Harlan - Wandersplitter - Deutschland 2006 - Regie und Kamera: Christoph Hübner - Ton und Schnitt: Gabriele Voss - Mit Thomas Harlan - Produktion: Christoph Hübner Filmproduktion, Witten - Premiere: 9.11.2006, Duisburger Filmwoche

Über den Film

Thomas Harlan, Autor und Filmemacher, geboren 1929, Sohn des Filmregisseurs Veit Harlan und der Schauspielerin Hilde Körber. Aufgewachsen in Berlin. 1937 mit dem Vater zu Tisch bei Hitler. 1942 Evakuierung nach Pommern. Am Kriegsende zurück in Berlin. 1948 ausgewandert nach Frankreich. 1959 bis1963 Recherchen in Polen zur Aufklärung von NS-Verbrechen. In zahlreichen Fällen Einleitung von Verfahren gegen Beschuldigte in der BRD. 1964 Tod des Vaters. In den folgenden Jahrzehnten Projekte in der ganzen Welt. Drehbücher, Romane und Filme. Zuhause in Italien und Frankreich. Seit 2001 dauernder Aufenthalt in einer Lungenklinik im Süden Deutschlands.

Bei einer Retrospektive seiner Filme im Münchner Filmmuseum begegnete ich Thomas Harlan das erste Mal. Seine Person, seine Geschichte, seine Arbeit, vor allem aber seine Sprache beeindruckten mich auf Anhieb. Mich selbst beschäftigte schon länger das Thema "Kinder & Enkel" der Nazi-Zeit. So verabredeten wir einen gemeinsamen Film. Thomas Harlan wollte dabei auf keinen Fall eine der üblichen Film-Biografien, stattdessen eine "Geschichte ohne Ich", eine Art "Anti-Biografie" aus gesammelten Splittern, die ebenso viel offen lassen wie sie zusammensetzen. Mit dieser Verabredung begannen wir mit den Dreharbeiten in seinem Zimmer in einer Lungenklinik im Süden Deutschlands. Viele Besuche folgten, lange Gespräche, am Ende über 50 Stunden Aufnahmematerial.

Im Ergebnis entstand ein abendfüllender Film von 96 Minuten Länge, der sich mit Thomas Harlan's Erinnerungen und seiner Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus beschäftigt. Zusätzlich enstanden aber auch eine Anzahl eigenständiger"Extra-Splitter", größere und kleinere Episoden, die sich mit dem weiteren Leben und Werk Thomas Harlans, seinen Filmen, Büchern und Projekten auseinandersetzen. Diese Extra-Splitter sind hier zum ersten Mal gemeinsam mit dem Film - auf einer Doppel-DVD der 'edition filmmuseum' versammelt. Zusammen mit dem Film bilden sie etwas Neues: das Modell einer dokumentarisch-fiktiven, nicht-linearen Lebens-Geschichte.

Den Arbeitstitel "Wandersplitter" hatte Thomas Harlan zu Beginn unserer Gespräche als Überschrift für die episodische Form unsere Arbeit vorgeschlagen. Episoden, die ihre Themen in loser Folge umkreisen, ohne sie je ganz zu definieren und der schnelle Einordnung preiszugeben. "Wandersplitter" geraten durch Verletzung in den Körper, sie können sehr schmerzhaft sein und auf Dauer beunruhigend: "Es gibt kaum einen Wandersplitter, von dem man sagen kann, man sei beruhigt, dass er irgendwo ist. Er ist in Ihrem Körper und wandert grundsätzlich auf das Herz zu, damit er Sie umbringt eines Tages." (Thomas Harlan)

Christoph Hübner


In der Abgeschiedenheit einer Lungenklinik in Bayern entwickelt der Film seine Wirkung dank diesem begnadeten Erzähler, dessen fesselnde Geschichten einen wahren Assoziationsreigen zu den "großen Erzählungen" des 20. Jahrhunderts auslösen.

Margarete Wach, Film-Dienst


Die Kamera riskiert nur hin und wieder einen Blick aus dem Fenster aufs Alpenpanorama oder auf Dinge im Raum. Mehr braucht's nicht, denn Harlan vereinnahmt den Zuschauer derart, daß sein Kopf wie ein ganzer Monumentalfilm wirkt.

Arnold Hohmann, Westfälische Rundschau


Geduldig registrierende Kameraeinstellungen machen den Zuschauer zu Harlans Tischnachbarn. Der artikuliert nicht angelesenes Wissen, vielmehr Einsichten aus der Tiefe lebenslang gewachsener Erfahrung. Hübners Film gibt der Mündlichkeit, dem schöpferischen Erzählen und Zeugnis-Geben die intellektuelle Würde zurück.

Michael Girke, Film-Dienst

DVD-Features (Doppel-DVD)

DVD 1

  • Thomas Harlan - Wandersplitter 2006, 96'
  • Über Wandersplitter 2007, 6'
  • Der Film 'Souvenance' 2007, 24'
  • Presseheft mit Texten, Filmographien und einem Interview mit den Filmemachern als ROM-Feature

DVD 2

  • Biografische Angaben 2007, 1'
  • Der Film 'Torre Bela' 2007, 37'
  • Reise nach Kulmhof / 'Rosa' 2007, 27'
  • Der Film 'Wundkanal' 2007, 34'
  • Anmerkungen zum Roman 'Heldenfriedhof' 2007, 19'
  • Die Organigramme 2007, 4'
  • Am Ararat 2007, 14'

Herausgeber: Filmmuseum München und Goethe-Institut
DVD-Authoring: Ralph Schermbach
DVD-Supervision: Stefan Drößler

1. Auflage September 2007, 2. Auflage November 2010

Besprechungen

TV-Format Originalformat Tonformat Sprache Untertitel Regionalcode
4:3 (PAL)
1,37:1
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