Po zakonu

Po zakonu

Edition Filmmuseum 63

Lev Kules̆ovs legendäres Drama Po zakonu (nach einer Vorlage von Jack London) entstand am Höhepunkt der jungen sowjetischen Kinematografie und gilt als einer der bedeutendsten Filme der 1920er Jahre. Er erzählt von einer Gruppe von Goldsuchern am Yukon, die nach einem glücklichen Fund und zwei Morden mit einem existenziellen Dilemma konfrontiert sind. Die DVD enthält einen neuen Transfer dieses "konstruktivistischen Western", einen zeitgenössischen Soundtrack des Crossover-Musikers Franz Reisecker sowie das einzige erhaltene Fragment von Kuleovs verlorenem Film Vas̆a znakomaja, dessen Sets von Aleksandr Rodc̆enko entworfen wurden.

Die Filme

Po zakonu (Nach dem Gesetz / Dura Lex) - Sowjetunion 1926 - Regie: Lev Kules̆ov - Drehbuch: Viktor S̆klovskij, Lev Kules̆ov, nach der Erzählung "The Unexpected" von Jack London - Kamera: Konstantin Kuznecov - Darsteller: Aleksandra Chochlova, Sergej Komarov, Vladimir Fogel, Petr Galadz̆ev, Porfirij Podobed - Produktion: Goskino, Moskau - Premiere: 3. Dezember 1926, Moskau

Vas̆a znakomaja (Ihre Bekannte) - Sowjetunion 1927 - Regie: Lev Kules̆ov - Drehbuch: Aleksandr Kurs, V. Amarin, Lev Kules̆ov - Kamera: Konstantin Kuznecov - Darsteller: Aleksandra Chochlova, Petr Galadz̆ev, Jurij Vasilc̆ikov, Boris Ferdinandov, A. C̆ekulaeva, Aleksandr Gromov - Produktion: Goskino, Moskau - Premiere: 25. Oktober 1927, Moskau

Über die Filme

Po zakonu (auch Dura Lex genannt) ist der billigste in Russland produzierte Film aller Zeiten, vielleicht sogar bis heute, gleichzeitig jedoch ein absolutes Meisterwerk, dessen Größe gerade darin besteht, den Minimalismus auf allen Ebenen voranzutreiben. Minimal der Aufwand bei der Stoffentwicklung - immer wieder betonte Kules̆ov, er sei quasi zufällig auf Jack Londons Erzählung "The Unexpected" gestoßen -, minimal die Anzahl der Charaktere (über weite Strecken drei), minimal die Anzahl der Zwischentitel und der Dialoge, minimal die Anzahl der Locations: Eine Waldlichtung unweit von Moskau ("Alaska"), eine Holzhütte das ist die perfekte Kulisse für ein streng aufs Wesentliche reduziertes Kammerspiel. Auch wenn das Jonglieren mit Einstellungsgrößen und -längen - Kuleovs berüchtigter "Amerikanismus" - bei weitem nicht demselben ehrgeizigen Selbstzweck dient wie in den vorangegangenen Arbeiten, so ist doch augenscheinlich, wie sehr drinnen Nahaufnahmen dominieren, während draußen, in den Weiten der Fluss- und Schneelandschaften, die Totale herrscht, bis zum Bewegungsstillstand gar.

Man kann Po zakonu genauso als "Irrlichtspiel" in der "Katakombe der Exaltiertheit" (Leo Hirsch) bezeichnen wie als formalistischen Actionfilm, psychodramatischen Western oder experimentelle Bigotterie-Studie - Kules̆ov bleibt Meister, wenn es darum geht, Autorenstile und Genregrenzen aufzunehmen und mit ihnen zu spielen. Die Stummfilm-Western des John Ford gehen in Po zakonu ebenso auf wie Erich von Stroheims Greed und Charles Chaplins The Gold Rush. Aleksandra Chochlova, Lev Kules̆ovs Lebenspartnerin, war bereits in Po zakonu das absolute Aushängeschild seines experimentellen Schauspieler-Laboratoriums. Die Kritiker, vor allem die deutschen, überschlugen sich förmlich dabei, ihren "Mut, abstoßend hässlich zu sein" und ihren "hemmungslosen Ausdruckswillen" zu loben. Bernard von Brentano etwa schreibt: "Die Chochlova ist nicht schön. Beim ersten Anblick erschrickt man. Aber schon wünscht man, tief berührt, sie wiederzusehen. Dann hat sie über jeden Widerstand gesiegt. Ihr Gesicht ist schmal und hart. Aber ihre Augen leuchten wie ihre Haare. [...] Wäre ich ein Regisseur, ich reiste nach Moskau und holte mir die Schauspielerin Chochlova."

Nun - Kules̆ov hat sie sich nicht nur geholt, er setzte ihr mit Vaa znakomaja / urna listka, uraufgeführt am 25. Oktober 1927 in Moskau auch ein Denkmal. Leider eines, das heute nur noch als 358m-Filmfragment (4. Akt) erhalten ist (die Originallänge betrug 1800m). Die Protagonistin des Films, eine zerstreute, unbeholfene, freche Journalistin, hört auf den Namen "Chochlova". Sie ist eine moderne Frau, auffällig und interessant gekleidet wie im Umgang mit den Männern, die sie in ihrem Arbeitsalltag umgeben: Fast alle hält sie für Waschlappen, aber der, den sie liebt, ein Funktionär, erweist sich als Konformist, und die Enttäuschung ist groß. Das Ausradieren der Intrige wird für Kules̆ov zur Möglichkeit, die Aufmerksamkeit auf die Details des Alltäglichen zu lenken, das Familiäre (neu) zu sehen. Die Mise en scène ist einzigartig. Gestochen scharfe Konturen, extreme Beleuchtungsverhältnisse. Dafür sorgte einerseits Aleksandr Rodc̆enkos konstruktivistisches Design der Dingwelt, andererseits das schon in Po zakonu unter Beweis gestellte "svetotvorc̆estvo" (Lichtschaffen) von Kameramann Konstantin Kuznecov.

Im Jahr der Revolutionsfeierlichkeiten war ein Film über den sowjetischen Alltag, noch dazu so Objekt-verliebt bis an die Grenzen des Dokumentarismus und doch hochartifiziell, eine kleine Provokation. Nicht nur deshalb wurde Vas̆a znakomaja wie auch schon Po zakonu von der Kritik als "formalistisch", ja gar "unmoralisch" getadelt.

Barbara Wurm

DVD-Features

  • Po zakonu 1926, 78'
  • Neukomposition von Franz Reisecker
  • Vas̆a znakomaja 1927, 18' (Fragment)
  • 16-seitiges zweisprachiges Booklet

Herausgeber: Österreichisches Filmmuseum
DVD-Authoring: Ralph Schermbach
DVD-Supervision: Michael Loebenstein

1. Auflage Dezember 2010, 2. Auflage Februar 2012

Besprechungen

TV-Format Originalformat Tonformat Sprache Untertitel RegionalcodeFSK
4:3 (PAL)
1,33:1
Dolby Digital 2.0
Russisch
Deutsch
Englisch
Französisch
0
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